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Interview mit Florian Hoffrohne (Ammergauer Alpen GmbH)

Ende April 2018 habe ich mich mit Herrn Florian Hoffrohne, Geschäftsführer der Ammergauer Alpen GmbH, getroffen, um hauptsächlich über das Thema „Naturpark“ zu reden, über die wichtigsten Projekte in der Region und welche Herausforderungen vor dem Tourismusverband stehen.

Oberammergau Erleben (OE): Hallo Herr Hoffrohne, danke für das Gespräch. Erzählen Sie bitte kurz, wie sind Sie nach Oberammergau / Ammergauer Alpen gekommen? Sie sind seit August 2016 Geschäftsführer der Ammergauer Alpen GmbH.

Florian Hoffrohne (FH): Ach, wie das Schicksal manchmal spielt. Ein Berufswechsel ist nicht etwas alltägliches, vor allem wenn es auch die Familie betrifft und ein Umzug notwendig wird. Die Region und auch Oberammergau kennt man als gebürtiger Augsburger. Für mich war es immer schon ein besonderer Wunsch in dieser Region beruflich tätig zu werden.

OE: Sie wurden unter 40 Kandidaten ausgewählt!

FH:  Bei den Stellen für Geschäftsführern ist das durchaus üblich, dass es viele Bewerber gibt. Normalerweise grenzt sich das potentielle Bewerberfeld aber auch sehr schnell ein.

OE: Wie fühlen Sie sich hier? War es die richtige Entscheidung?

FH: Wir fühlen uns sehr wohl in der Region und in Unterammergau. Grundsätzlich gibt es immer nur richtige Entscheidungen (lacht), es gibt keine falschen Entscheidungen im Leben!

OE: Was gefällt Ihnen am meisten hier und was ist für Sie die größte Herausforderung, privat?

FH: Am meisten gefällt mir das wunderbare Tal, die einmalige Kultur-Landschaft, die großen Freizeitmöglichkeiten. In Rosenheim waren die Winter deutlich kürzer, aber gerade der lange Winter gefällt uns, alle in der Familie sind Wintersportler.

OE: Es ist einfach ein Traum hier zu leben!

FH: Ja! auf jeden Fall! Wohnen wo andere Urlaub machen…

OE: Ich würde sagen wir beginnen mit dem Thema „Naturpark“, weil es neu ist und sehr interessant für viele und für mich persönlich auch. (Die Ammergauer Alpen wurden im August 2017 zum Naturpark ernannt: https://www.ammergauer-alpen.de/Presse/Pressemeldungen/Ammergauer-Alpen-sind-offiziell-Naturpark).

Was sind die größten Vorteile von einem Naturpark? Sind es nur die finanzielle, dass man mehr Fördergelder und Unterstützung bekommt von der Gemeinde, vom Staat usw. oder gibt es auch andere, qualitative Vorteile?

FH: Es gibt zahlreiche Vorteile. Sie haben ein paar selbst schon aufgezählt. Ein wichtiger Vorteil sind sicherlich die neuen Fördermöglichkeiten, aber auch das neue Prädikat „Naturpark“, das man erhält. Offiziell erhält man das Prädikat vom bayerischen Umweltministerium. Im bayerischen und im Bundesnaturschutzgesetzt wird klar geregelt, was ein Naturpark leisten muss. Der Naturpark hat dementsprechend viele Aufgaben. Kernaufgaben sind die Umweltbildung, die Regionalentwicklung, der Umweltschutz und auch die nachhaltige touristische Entwicklung. Ein Naturpark hat im Gegensatz zu einem Nationalpark immer auch einen starken touristischen Ansatz. Die Destination Ammergauer Alpen ist sehr touristisch geprägt. Der Naturpark hat auch einen Bildungsauftrag. Am Ende ist natürlich das Budget ausschlagegebend, was und wie viel ein Naturpark leisten kann. In der letzten Regierungserklärung von Ministerpräsident Söder wurde die Stärkung der bayerischen Naturparke herausgehoben und als eines der Ziele definiert. Das freut uns sehr. Diese Förderung soll primär für „Naturpark Häuser“ und Naturpark Ranger, zur Verfügung stehen.

Das Team von Ammergauer Alpen GmbH (Bilder von Simon Bauer)

OE: Ich habe über den Fokus auf Umweltbildung, inkl. Umweltschutzbotschafter, Umwelt Ranger usw., gelesen. D. h. die Entwicklung geht sehr stark in diese Richtung. Wie sieht eine Umweltbildung aus? Wird sie in den Schulen oder durch spezielle Seminare unterrichtet?

FH: Beides. Nehmen wir den Naturpark Karwendel. Der österreichische Naturpark ist schon sehr weit in diesen Bereichen und wir waren in Kontakt mit den Verantwortlichen. Im Naturpark Karwendel gibt es zertifizierte Naturparkschulen. Es werden Gruppenangebote und Exkursionen für Schulklassen angeboten. Das Gleiche gibt es auch in den Kindergärten, man kann schon bei den Kleinsten anfangen. Ein wichtiger Auftrag ist es den Gästen und den Kindern zu vermitteln, wie sie sich richtig in der Natur verhalten bzw. mit ihr umgehen. Immer unter dem Motto „Schützen und Nützen“.

OE: Spannend. Es wird also ein wichtiges Projekt für Sie, als Tourismusverband, sein. Und sie sagten in einem Interview,  eine der Hauptaufgaben sei es, die Biotope zu schützen.

FH: Das sind die Aufgaben des Naturparks nicht des Tourismusverbandes. Die Aufgaben legen das Bunde- sowie das bayerische Naturschutzgesetz fest. Die Ernennungsurkunde erhält die Region immer vom jeweiligen Umweltministerium des Landes: https://www.verkuendung-bayern.de/allmbl/jahrgang:2017/heftnummer:8/seite:338).

OE: Was sind jetzt konkret für die Ammergauer Alpen die Projekte? Kurz- mittel- und langfristig. Einmal ist das der Insektenschutz als Priorität, die Bienen zu schützen, was kommt noch dazu? Was wird die strategische Ausrichtung der Region sein?

FH: Man muss hier unterscheiden, was die Aufgabe des Vorstandes und die der Naturparkkoordinatoren sind. Die Naturparkkoordinatoren sind zuständig für die einzelnen Projekte und die direkte Betreuung des Naturparkes vor Ort. Der Vorstand, der aus 13 Mitgliedern besteht, ist verantwortlich die grundlegenden Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Naturparkkoordinatoren ihre Aufgaben wahrnehmen können.

Die Naturpark Koordinatoren wurden zum 1. Mai 2018 angestellt. Ihre Aufgabe ist es nun, die notwendigen Projekte im Naturpark zu identifizieren, zu planen und durchzuführen.

OE: Ja, das ist sehr wichtig zu verstehen, war mir so nicht bewusst.

FH: Der Tourismusverband Ammergauer Alpen hat den Naturpark aus der Taufe gehoben, aber er ist nicht allein dafür verantwortlich. Der Tourismus hat nur eine der dreizehn Stimmen im Vorstand. Die anderen Mitglieder im Vorstand repräsentieren die Kommunen, die Forstwirtschaft, die Almwirtschaft und die Landwirtschaft sowie die Eigentümer der Flächen. Der Erhalt unserer Kulturlandschaft ist ein übergreifendes Thema. Es ist nicht Aufgabe des Tourismusverbandes die Geschicke des Naturparks allein zu bestimmen. Das wäre nicht zielführend und auch gar nicht möglich.

OE: Es ist also ein ganzheitliches Projekt, was natürlich immer Vorteile hat! Die andere Seite ist natürlich die: wie soll mit 13 Vorstandsmitgliedern die Entscheidungsfindung aussehen, mit so viele verschiedenen Interessen? Noch ein spannendes Thema…

FH: Ja, ganz spannend! Es ist immer gut, dass man sich miteinander austauschen kann, dass man miteinander redet. Der Naturpark bietet dafür eine einmalige Plattform.

OE: Konkret für die Ammergauer Alpen GmbH, was ist die Hauptausrichtung, wo wollen Sie hin?

FH: Mit der Ernennung zum Naturpark ändert sich natürlich auch die touristische Ausrichtung der Region. Wir entwickeln auf dieser Grundlage eine neue Strategie bis 2025. Einige notwendige Sofortmaßnahmen haben wir schon jetzt getroffen. Es wurde z.B. das Logo der Ammergauer Alpen geändert. Die touristische Ausrichtung der Region wird und muss sich verändern. Mit dem Prädikat „Naturpark“ haben wir einen USP der unsere Region „wirklich“ einzigartig im ganzen Alpen Bogen macht. Wenn man sich die Destinationen von Berchtesgaden bis zum Bodensee ansieht, gibt es nur einen weiteren Naturpark, die Nagelfluhkette, in Allgäu (http://www.nagelfluhkette.info/home/). Die Nagelfluhkette vereint jedoch drei Tourismusverbände innerhalb ihres Gebietes. D. h. die drei Tourismusverbände haben auch unterschiedliche Schwerpunkte. Das ist bei uns nicht so, hier arbeitet der Naturpark und der Tourismusverband deckungsgleich und Hand in Hand. Der Naturpark und das Prädikat geben der Destination die Chance, sich als „echte“ Marke zu positionieren. (eine echte Marke wird über Begehrlichkeit definiert)

OE: Das ist ein ganz besonderer USP (Alleinstellungsmerkmal), welches man natürlich ganz gut vermarkten kann!

FH: Ja, es ist eine einmalige Chance für die Destination. Die Destinationsstrategie soll bis Ende des Jahres fertig sein. Wir mussten damals, als ich die Verantwortung für den Tourismusverband/TVB übernommen habe mit der Entwicklung warten, bis die Ernennung zu Naturpark vollzogen war. Es machte vorher keinen Sinn, eine touristische Strategie zu entwickeln, wenn ein solches Projekt in der Vorbereitung ist. Wenn die Strategie bis Mitte des Jahres fertig ist, werden wir uns um die Orte kümmern. Bis Frühjahr 2019 soll es auf Grundlage der Destinationsstrategie auch eine touristische Positionierung für jeden Ort geben.

OE: Ja klar, es braucht Zeit und jeder Ort ist so einzigartig. Man sollte einerseits die Besonderheiten des Ortes hervorheben, aber gleichzeitig alles so integrieren, sodass nicht jeder Ort alleine für sich da steht.

Jetzt möchte ich genauer auf das Thema Zielgruppen eingehen. Auf welche Zielgruppe / Zielgruppen konzentriert sich die Region?

FH: Dafür entwickeln wir die Strategie und die Positionierung der Orte, damit die Gastgeber und die Leistungsträger wissen, in welche Richtung die Destination sich zukünftig entwickelt.

Hier muss man aber vorsichtig sein. Eine Strategie einer Destination unterscheidet sich fundamental von der Strategie eines Gastgebers und das muss sie auch! Eine Destination hat viele Themen die Sie bearbeiten muss. Ein Gastgeber sollte sich spezialisieren auf nur wenige relevante Zielgruppen innerhalb der Destinationsstrategie. Ich würde nie behaupten „das ist jetzt die alleinige Zielgruppe der Ammergauer Alpen.“ Das wird nicht funktionieren, weil wir inzwischen multioptionale Gäste haben. Eine Zielgruppendefinition im heutigen Tourismus ist eigentlich fast nicht mehr möglich. Sie haben in einem Moment einen Gast, der sich für einen Familienurlaub interessiert, aber im anderen Moment interessiert sich derselbe Gast auch für einen Wellness Aufenthalt am Wochenende zu zweit. Die Gäste sind multioptional und je nach Bedürfnissen wechselt die Person die Zielgruppe. Was sich nicht verändert, sind die drei Schwerpunkte der Ammergauer Alpen, also Aktiv, Kultur & Natur. Das sind die Produktlinien, die wir im Naturpark Ammergauer Alpen bearbeiten. Diese Kernsegmente werden auch weiterhin bestehen bleiben. Wir werden alle Produktlinien in der Zukunft bewerben, wobei der Naturkomponente eine besondere Stellung zukommt.

OE: Und von der Einkommensstruktur her? Hat man, als Region, an der Stelle Präferenzen?

FH: Ein Deutschlandurlaub ist kein Billigurlaub! Wer in Deutschland Urlaub macht, hier in Bayern, der erwartet Qualität. Die deutschen Destinationen können nicht mit einem Türkei Urlaub, 2 Wochen, 500 EUR, All Inklusiv, konkurrieren. Der Gast von heute hat sich bewusst dafür entschieden in Bayern Urlaub zu machen. Es geht meiner Meinung nach nicht darum möglichst billig zu sein, sondern eine gute Qualität zu vernünftigen Preisen zu liefern. Darum ist und war unsere Strategie dem Gast mitzuteilen: „Hier geht es um Qualität“. In Bayern geht es nicht um Masse, es geht um Klasse.

OE: Das halte ich für eine sehr gute Strategie! Ich fände es sehr schade, wenn man hier Massentourismus betreiben würde. Das würde aber in Bayern, denke ich, nicht funktionieren, einfach von der Struktur, Mentalität, Kultur, Ausrichtung usw. her, einfach von dem ganzen Setting her!

FH: Tourismus ist eine fragile Geschichte und wenn es zu viel Druck von außen gibt, dann ziehen die Einheimischen nicht mit. Und wenn die Einheimischen, die Dienstleister nicht mehr dahinter stehen und die Wertschöpfung nicht mehr passt, dann funktioniert Tourismus nicht. Deswegen muss es Hand in Hand gehen.

OE: Ja, verstehe. Ein anderes Thema: wie weit ist der Ausbau der Dachmarke „Zugspitzregion“? Was steht an, was sind aktuell die Herausforderungen?

FH: Die Entwicklung der Marke Zugspitzregion steuert allein die Zugspitzregion. Wir unterstützen diese Entwicklung im Beirat mit unserer Expertise.

OE: Bei einer Dachmarke ist es praktisch wie bei einem Großkonzern. Man hat zentrale Stellen und lokale Funktionen. Es ist nicht immer einfach die Struktur zu schaffen und sie auch flexibel zu bedienen. Und es kann auch sehr politisch sein!

FH: Tourismus ist sehr politisch! Oftmals wird er durch öffentliches Geld finanziert und ist überwiegend auch in den Strukturen der öffentlichen Verwaltung eingebettet. In den Ammergauer Alpen ist man vor vielen Jahren schon einen anderen Weg gegangen und hat den Tourismus als GmbH organisiert. Damit kann man schnell und effektiv auf die Bedürfnisse des touristischen Marktes reagieren.

OA: Eine letzte Frage. Mich persönlich interessiert sehr das Thema Regionalität: die Unterstützung regionaler Unternehmen und die Vermarktung von regionalen Produkte und Dienstleistungen. Dass man dort wirtschaftliche Formen findet, um diese voranzutreiben. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

FH: Es ist eine zentrale Aufgabe des Naturparks und gleichzeitig natürlich vom Tourismusverband die Wertschöpfung innerhalb der Region zu halten. Vielleicht ein Beispiel eines Projektes, das gerade umgesetzt wird. Es geht um die Vermarktung von Wildfleisch. Es wird aktuell ein Zerwirckraum mit EU-Fördergeld unterstützt, um das Wildfleisch direkt in der Region zu verarbeiten und wieder zu verkaufen. Möglichst kurze Wege und eine effektive Wertschöpfungskette. Bei bestimmten Produkten funktioniert das schon! Die Schaukäserei in Ettal beweist das seit Jahren. Die Ammergauer Alpen unterstützen mehrere Regionalmarken. Es gibt die Ammergauer Alpen Handwerker, es gibt die Marke total lokal und das Ammergauer Alpen Moor. Wir unterstützen verschiedene Initiativen, z. B.: „ Das Ammergauer Alpen Frühstück mit regionalen Produkten“, den gefüllten Kühlschrank für die Ferienwohnungen, es gibt den Ammergauer Alpen Käse aus der Schaukäserei in Ettal, Ammergauer Alpen Tee, Marmeladen usw. Regionalvermarktung war immer schon ein wichtiges Thema in unserer Region. In der Strategie der Ammergauer Alpen ist ausführlich beschrieben, welche Projekte bei der Regionalvermarktung laufen.

OE: Es kommen bestimmt weitere Projekte dazu?

FH: Das wird ein Hauptthema der nächsten Jahre für den Naturpark sein. Bis jetzt hat der Tourismusverband diese Aufgabe größtenteils übernommen. Da der Naturpark auch Fördergeld für diese Aufgaben erhält, haben wir nun einen großen Vorteil. Die Ammergauer Alpen haben diese Projekte vorher immer aus eigener Tasche bezahlt.

OE: Eine Idee kommt mir gerade in den Sinn: könnte eventuell eine Aufgabe der Zugspitzregion sein, einen großen Online Shop für Regionalprodukte aufzubauen und diese dann zu vermarkten.

FH: Es haben schon zwei Treffen zu diesem Punkt bei der Zugspitzregion stattgefunden. Ich denke wir werden bis Ende des Jahres ein Ergebnis vorlegen zu diesem Thema. Die Thematik ist komplex, man muss bedenken, welche Marken sich eignen und welche zur Region passen. Die Ammergauer Alpen haben auch einen Online Shop. Hier werden bereits regionale Produkte verkauft.

Herr Hoffrohne, vielen Dank für das nette und informative Gespräch und viel Erfolg weiterhin!

 

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